Romantik 7AT
7AT, März 2024
Die Welt muß romantisiert werden!
Auch 200 Jahre nach der Epoche der Romantik (ca. 1795 – 1835) scheint der Mensch seine Fähigkeit zum Romantisieren nicht verloren zu haben!
Ganz im Sinne von Novalis, der in seinem Fragment „Die Welt muß romantisiert werden“ davon spricht, dass er „dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten […]“ gibt, versuchten sich auch die Schüler*innen der 7AT als Neoromatiker und gaben alltäglichen Situationen wie der Busfahrt nachhause oder gar dem Gang auf die Toilette einen höheren Sinn, indem sie ihre Erlebnisse teils idealisierten, aber auch schauerromantisch gestalteten.
Aufgrund der doch teils sehr intimen Schilderungen sind die Texte der jungen Autor*innen anonymisiert, bekannte Vertreter*innen der Romantik leihen ihnen ihre Namen.
I. Schlafengehen
20:15 Uhr. Die Sonne verschwindet langsam am Horizont in feurigen Flammen und atemberaubender Schönheit. Sie begrüßt den Mond mit einem letzten kräftigen Strahl und beendet somit den Tag vieler Menschen. Jeder denkt ans Bett und an den letzten Schritt, der eine ausreichende Erholung im Träumeland ermöglicht. Doch diesen Schritt zur richtigen Zeit zu setzen, ist ein nahezu unmögliches Unterfangen. Sobald man sich eigentlich aufs Ausruhen einstellt, kommen alle möglichen Gedanken ans Licht, die während der Sonnenstunden im Schatten verborgen blieben. Da noch eine Hausübung, dort noch eine Unterschrift, da noch Wäsche, dort noch unordentlich und ein Ende nicht in Sicht. Der plötzlich erworbene Tatendrang unterdrückt jegliche Erschöpfung und Vernunft mit einem Satz und zwingt den Geist zur Hochleistung, welche durch ein abruptes Ende in der völligen Erschöpfung besiegelt wird. 00:45.
von Bettina von Arnim
II. Der Schritt in die Hölle…
Um halb 2 mit dem Bus nach Hause fahren. Der Schritt in die Hölle. Kein Platz. Erwarte ich anderes? Ich eingeklemmt in der Ecke. Der Mischgeruch von Schweiß und Deo dringt stechend in meine Nase. Luft anhalten. Durch den Mund atmen. Etwas zum Anhalten steht mir nicht zur Verfügung. Erwarte ich anderes? Die Vollbremsung an der roten Ampel katapultiert mich in die andere Ecke. Meine Hand in einer fremden Schultasche, mein Gesicht an einer nassen, fremden, ekelerregenden Schulter. Nun kommt mein Moment. Ich strecke mich zum Knopf „Stopp“. Nächste Haltestelle und ich mache mich bereit für die nächste Vollbremsung. Bumm! Ich klebe am Glas der Tür. Die Türe geht auf, wieder einmal nur knapp überlebt.
von Friedrich Schlegel
III. Übersetzen mal anders...
In den Wirren einer längst vergessenen Sprache kämpfe ich mit einem Meer aus Worten und Versen, um die Geheimnisse der Vergangenheit auf ein Blatt Papier zu bringen. Jeder Versuch, die lateinischen Texte zu entziffern, führt mich näher an einen Abgrund aus Dunkelheit.
Meine Finger gleiten langsam über die Seiten meines Stowassers, um die düsteren Geschichten zu deuten. Ich höre die Worte der Toten in meinem Kopf verhallen und wie sie Unsinn reden, weil ich ihre Botschaft nicht erkenne. Die Worte sind wie Schatten, die sich um mich legen, mich fast erdrücken. Doch inmitten dieser Qualen finde ich eine Art an Faszination, fast eine Freude am Unheimlichen. Mit jedem Wort, das ich enträtsle, fühle ich mich meinem Ziel näher. Einem Optime auf der Latein Schularbeit.
von Caroline Schlegel-Schelling
IV. Ein Toilettenbesuch
Es ist ein typischer Tag in der Schule. Die Sonne scheint und das Gezwitscher der Vögel ist zu hören. Oder sind es doch die Bauarbeiter, die sich lautlachend unterhalten?
Plötzlich verspüre ich eine gewisse Form von Druck. Jedoch ist es kein Druck wegen der Schule, sondern ich muss der Toilette einen dringenden Besuch abstatten. Aufdringlich bitte ich die Lehrperson, den Klassenraum zu verlassen, um mich von der Last zu befreien. An der Toilette angekommen lasse ich gestresst die Hose herunter und mache es mir gemütlich. Während meines Stuhlgangs verspüre ich eine gewisse Form von Befreiung. Es ist, als würde ich im 7. Himmel schweben!
Nachdem mein Toilettengang vorbei ist, kann ich wieder glücklich und befreit am Unterricht teilnehmen.
von Clemens Brentano
V. Kunst am Morgen
Ich setze mich auf meinen gemütlichen Sessel und betrachte mich im Spiegel. Voller Vorfreude richte ich meine Produkte her, um mich zu schminken. Mein Gesicht ist für mich wie eine Leinwand, die darauf wartet, bemalt zu werden. Jeder Schritt ist für mich ein Genuss. Das kühle Gefühl auf meiner Haut, nachdem ich eine Creme auf meinem Gesicht verteile, ist mindestens genau so angenehm wie der Duft von Rosen, der langsam in meine Nase steigt. Das sanfte Klopfen meines Beauty-Blenders fühlt sich schon fast wie eine kleine Massage an. Zunächst trage ich mit voller Zuwendung meine Wimperntusche auf. Statt einer schwarzen entscheide ich mich für eine braune, damit die einzelnen Farben gut miteinander harmonieren können. Das Einzige, was noch fehlt, ist etwas Rouge, meine roten Wangen erinnern mich an warme Sommertage, an denen ich noch von der Sonne geküsst war. Ich bin zufrieden mit meiner Kreation und starte nun voller Glückseligkeit in meinen Tag hinein.
von Joseph von Eichendorff