Die Schule der Romantik
7S, Februar 2012

Die Ausgangsidee

Novalis (eig. Friedrich von Hardenberg) ist ein typischer Vertreter der deutschen Frühromantik. Als Schlüsseltext zum Verständnis der romantischen Kunst und Literatur gilt Novalis‘ kurzes Fragment „Die Welt muß romantisiert werden“. Novalis beschreibt darin das Verfahren der Romantisierung als „Operation”, als (qualitative) Potenzierung. Er spricht von der Veränderung bzw. qualitativen Verbesserung des Üblichen, des Alltäglichen.

Die Welt muß romantisiert werden. So findet man den ur(sprünglichen) Sinn wieder. Romantisieren ist nichts als eine qualit(ative) Potenzierung. Das niedre Selbst wird mit einem bessern Selbst in dieser Operation identifiziert. So wie wir selbst eine solche qualit(ative) Potenzenreihe sind. Diese Operation ist noch ganz unbekannt. Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es -Umgekehrt ist die Operation für das Höhere, Unbekannte, Mystische, Unendliche -dies wird durch diese Verknüpfung logarithmisiert - es bekommt einen geläufigen Ausdruck.

Schüler/-innen als Neoromantiker

Wie man etwas „romantisieren“ kann, erprobten die Schüler/innen der 7s-Klasse im Deutschunterricht, indem sie eine alltägliche Situation, das Eintreffen in der Schule am Morgen, mit den Mitteln des Erzählens romantisierten. Sie schlüpften also selbst in die Rolle romantischer Dichter/innen. So entstanden vorwiegend Idyllen, teilweise auch schauerromantische Texte  – und manchmal wurde das Romantisierungsverfahren auch ironisch gebrochen. Eine Auswahl aus den Arbeiten findet man hier zum Nachlesen. Auf Wunsch der Jungautor/-innen wurden die Texte anonymisiert, die Künstlernamen unter den Texten stammen aus Werken des Romantikers E.T.A. Hoffmann.

(1) In herzerwärmender Luft…

Noch kurz zuvor vom eisig-kalten Wind gefroren, erreiche ich endlich das Ziel meiner täglichen Reise. Endlich geht es rein in die wohlvertraute Stube, wo sich die herzerwärmende Luft an mich schmiegt wie der Busen einer jungen Dame. Schon reiße ich mir meine Klamotten vom Leibe, da diese Hitze unerträglich zu werden scheint. Nun aber die wohl schwerste Herausforderung, das Stiegenhaus, es fühlt sich so an, als müsstest du die Alpen überqueren. Zur Belohnung treffe ich dann im Ruheraum ein, wo schon meine liebsten Zeitgenossen ihre Notizen vom Vortag durchgehen. Kurz darauf das liebliche Klingeln der Glocke, ein berührender Ton, der von dem Geschrei der kleinen Kinder meist übertönt wird. Motiviert stürmen alle Schüler hinauf in ihre Klasse, wo sie sich die nächsten Stunden über einen spannenden Unterricht freuen können.

Nathanael

(2) Ein unbegreiflich schöner Morgen…

Es war ein unbegreiflich schöner Morgen, die Sonne schien, der Himmel war strahlend blau und ich war gerade auf dem Weg zur Schule. Am Schulgelände angekommen, sah ich auch schon meine Freunde, sie standen vor dem Gebäude und warteten auf mich, die Sonne streichelte ihre Gesichter und ihre Begeisterung konnte ich schon von weitem ihren leuchtenden Augen ablesen. Nachdem ich sie alle herzlich begrüßt hatte, genossen wir noch ein paar gemeinsame Minuten in der Sonne, doch als das liebliche Klingeln unserer Schulglocke ertönte, schritten wir die steinerne Treppe zu den Garderoben hinab. Nachdem wir unsere Schuhe ausgezogen hatten, begaben wir uns auf den Weg zu unserer mit Sonnenlicht erfüllten Klasse und während wir die steilen Treppen bis in das zweite Stockwerk emporstiegen, sprachen wir über unsere Vorfreude auf den Unterricht.

Olympia

(3) Vor Vorfreude strahlend…

Ein weiterer Schultag! Den ganzen letzten Abend hatte ich mich schon darauf gefreut, endlich wieder durch die Tore dieses von Freude und Spaß erfüllten Gebäudes zu schreiten.

Eilig, um nicht zu spät zu kommen (ich könnte ja etwas Spannendes versäumen, was ich mir nie verzeihen würde), ging ich durch den elegant gestalteten Schulhof, genoss noch kurz die Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht und betrat dann das große, Ehrfurcht gebietende Schulhaus. Vor Vorfreude strahlend hüpfte ich leichtfüßig die Stufen zur Garderobe hinunter, vom Gedanken an einen weiteren, einen völlig erfüllenden Schultages beflügelt. Die Garderobe ging fast über von Gelächter und Frohsinn, alle anderen freuten sich genauso wie ich mich. Schnell noch die Schuhe in den Spind gestellt und ab in den spannenden Unterricht mit den nicht minder begeisterten und motivierten Lehrern.

 Prinzessin Brambilla

 (4) Stürmischer Wind peitscht ins Gesicht…

Der stürmische Wind peitschte mir ins Gesicht, als ich hastig versuchte so schnell wie möglich ins Schulgebäude zu gelangen, aber der Weg schien unendlich zu sein. Die klatschnassen Haare klebten auf meinem Gesicht, aber ich gab nicht auf. Völlig durchnässt kam ich dann endlich in der Schule an. Die angenehme Wärme meiner Mitschüler in der Garderobe ließ all den Stress hinter mir. Durch dieses Gefühl fühlte ich mich innig gestärkt und erfrischt. In dem Gedränge nach oben roch ich einen unangenehmen Duft, der aber dann in die Luft hinausquoll und sich darin zu verzehren schien. Unzählbare Gedanken schwirrten durch meine Kopf, ob ich in die liebliche Stube namens Lernraum gehen sollte oder doch in das trübe Klassenzimmer in unnahbarer Entfernung.

Ich schwebte in meinen Gedanken, als ich plötzlich einen stechenden Schmerz an meiner Schulter verspürte. Ich drehte mich verwirrt um, immer noch von unerträglichem Schmerz erfüllt, und sah Winkler, der nur frech grinste. Ich war aber zu entzückt, um mich über diese Störung aufregen zu können. Dieser Vorfall brachte mir die Erleuchtung. Ich beschloss nicht den leichten, sanften Weg in den Lernraum zu nehmen, sondern den schwierigeren, anspruchsvolleren Weg in das Klassenzimmer. Ich sammelte all meine Kraft und stieg die Stufen empor. Ich hörte leises Tuscheln und Gekicher am Rande der Treppen. Der Geruch von frisch geputztem Boden stieg mir in die Nase. Ich sah fröhliche Gesichter, überall wo ich hinschaute. Nun konnte ich kaum noch erwarten, das Klassenzimmer zu betreten!

Serpentina

(5) Ich war wie verzaubert

Kaum hatte ich die Straßenbahn verlassen, sah ich auch schon ein wunderhübsches, zartes Mädchen an der anderen Seite der Straßenbahnstation. Ihr Gesicht und ihr Körper waren einfach traumhaft. Es war unmöglich solch eine Schönheit zu übersehen. Plötzlich wurde mir ganz warm ums Herz. Als ich die schönsten blonden Haare und das schönste Lächeln sah, war ich wie verzaubert und starrte sie an. Am liebsten würde ich sie ansprechen oder gleich mit ihr an einen Ort gehen, wo wir zwei uns näher kommen. Was sehe ich da? Sie wirft mir einen Blick zu und lächelt.

Schnellen Schrittes kamen wir uns entgegen und begannen zu plaudern. Aus der Nähe war sie noch viel schöner und ihre Pracht ließ mich fast in Ohnmacht fallen. Sofort beschloss ich mit ihr an einen stillen Ort zu gehen, um uns dort besser kennen zu lernen. Langsam trafen unsere Lippen aufeinander und wir küssten uns leidenschaftlich. Es war einer der längsten Küsse, den ich je gehabt hatte. Nach diesem Treffen beschlossen wir uns wieder zu sehen.

Ich konnte das nächste Rendezvous nicht mehr abwarten…

Ritter Gluck

(6) Schulwahnsinn - schwarze Romantik

Ein stürmischer, regnerischer Morgen. Die Haare wehen, sie kleben im Gesicht, das Gewand ist durchnässt, wird immer schwerer und schwerer. In der rechten Hand hält er einen Regenschirm, in der linken den unglaublich schweren Schulranzen, und seinem Gesicht kann man die Müdigkeit des durchgefeierten Wochenendes deutlich ablesen. Die Last des Schulranzens und der gefühlten 20 kg schweren Jacke belastet die letzten, von Pfützen übersäten Meter in den Schulhof, der Weg scheint unendlich! Ganze Scharen von Schulkindern begeben sich mit glänzenden Augen und riesiger Motivation in den heiß geliebten Schulhof. Komplett durchnässt erreicht er die Schultüre und das Grauen vor dem Schultag nimmt drastisch zu. Plötzlich um Punkt 8 Uhr ertönt ein angsteinflößender Ton, der den Blutdruck gleich noch einmal Höchstwerte erreichen lässt, die Stunde beginnt! Die Türklinke bewegt sich nach unten, alle Schüleraugen sind darauf gerichtet, die Lehrkraft tritt herein und der Schulwahnsinn beginnt wie jeden Tag aufs Neue!

Kater Murr

(7) Unendliche Vorfreude auf den Unterricht…

Langsam, voller Stolz gehe ich dem Schuleingang, dessen Fenster die goldenen Strahlen der Morgensonne auf mein erhobenes Haupt zurückwerfen, entgegen. Ich schreite würdevoll durch diesen prunkvollen Eingang, der dem Tor zum Himmel ähnelt, in Erwartung, dass mir sogleich diese einzigartigen Stimmungen von Freude, Zuverlässigkeit und Gemeinschaft ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Wollüstig begebe ich mich auf diese Reise ins Ungewisse, nur angetrieben von den sanften Wogen des blauen Flusses, der mich an den Bestimmungsort meiner Seele geleitet. Vorsichtig atme ich die frische Morgenbrise, die sich wie ein Seidentuch an mein holdes Angesicht schmiegt, ein, als ich die Studierstube betrete, um mich sogleich in meinen Sessel fallen zu lassen, dessen weiche Polsterung meinen Körper in Wallungen versetzt. Plötzlich ertönen von weit her Engelsstimmen, die meine Vorfreude auf den Unterricht ins schier Unendliche steigen lassen.

Anselmus

Bericht: Dir. Dr. Christian Schacherreiter


letzte Aktualisierung: 04.02.12

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